Am 9. April 2025 haben CDU und SPD ihren gemeinsamen Koalitionsvertrag vorgestellt. Darin haben sie neben den brisantesten Themen wie z. B. Außenpolitik, Rente oder auch Migration viele Ideen und Vorhaben beschrieben, die die Immobilienbranche betreffen. Einige dieser Pläne wurden schon vor der Wahl diskutiert, andere überraschen. Doch was genau ist geplant? Und was bedeutet das für Menschen, die eine Immobilie besitzen, mieten oder kaufen möchten?
Im folgenden Blogbeitrag erläutern wir die wichtigsten Punkte aus dem Koalitionsvertrag in den einzelnen Themenbereichen und fassen alle geplanten Vorhaben nochmals kurz zusammen – wohl wissend, dass die meisten Themen weder durchfinanziert noch in Stein gemeißelt sind.
1. Wohnungsbau soll schneller gehen
Ein großes Ziel der neuen Regierung ist es, den Bau von Wohnungen zu beschleunigen. Dafür soll es einen sogenannten „Bauturbo“ geben. Das bedeutet: Städte und Gemeinden sollen schneller neues Bauland ausweisen dürfen. Gleichzeitig sollen Genehmigungen einfacher und schneller erteilt werden. Statt viele Einwände prüfen zu müssen, soll in Zukunft das „öffentliche Interesse“ wichtiger sein. Auch das Recht von Verbänden, gegen Bauprojekte zu klagen, soll eingeschränkt werden.
Außerdem soll der Gebäudetyp E in den Fokus rücken. Das ist ein Gebäudetyp, der einfacher geplant und gebaut werden kann. Ziel ist es, Baukosten zu senken und den Bauprozess zu vereinfachen. Als Vorbilder dienen dabei europäische Nachbarländer wie z. B. die Niederlande oder Irland.
Weitere Maßnahmen sind die Digitalisierung von Bauanträgen oder die Förderung seriellen und modularen Bauens. Dabei werden gleiche oder ähnliche Gebäudeteile mehrfach verwendet – das spart Zeit und Geld.
Die Städte und Gemeinden spielen bei der Umsetzung eine wichtige Rolle. Sie bekommen neue Möglichkeiten, müssen diese aber auch aktiv nutzen.
Zusammenfassung:
- Schnellere Ausweisung von neuem Bauland (Bauturbo)
- Stärkung des Gebäudetyps E mit weniger technischen Vorgaben
- Digitale Bearbeitung von Bauanträgen und digitale Prozesse in Behörden
- Serielle und modulare Bauweise zur Kostensenkung und Beschleunigung
2. Veränderungen im Mietrecht
Auch beim Mietrecht plant die Koalition Veränderungen. So soll die Mietpreisbremse um vier Jahre verlängert werden. Wenn Vermieter sich nicht daran halten, sollen sie in Zukunft härter bestraft werden – etwa mit Geldstrafen oder schnelleren Verfahren.
Zudem wird überlegt, die Indexmieten stärker zu regulieren. Eine Orientierung am Nettokaltmietenindex des Statistischen Bundesamtes ist aktuell Gegenstand der bisherigen politischen Diskussion. Wie genau die Begrenzung aussehen soll, ist aber noch unklar.
Auch die Regelungen zu möblierten Wohnungen und Kurzzeitvermietung sollen verschärft werden. Eine Ausweisung des Möblierungszuschlags könnte hierbei zum Thema werden oder auch die Begrenzung von Kurzzeitvermietungen auf sechs Monate.
Ein weiterer Punkt ist die Anpassung der Modernisierungsmieterhöhung – kleinere Modernisierungen bis 20.000 € (bisher 10.000 €) sollen künftig erleichtert möglich sein.
Einer der wichtigsten Punkte, der nicht eintreffen wird, ist die viel diskutierte Verschärfung bei Bestandsmieten. Die Kappungsgrenze bleibt unverändert, und es wird ebenso keine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, wonach die Bundesländer einen Mietendeckel einführen können. Verschärfungen im Mietrecht haben unmittelbaren Einfluss auf eine positive Investitionsbereitschaft und sind deshalb kritisch zu betrachten.
Zusammenfassung:
- Mietpreisbremse wird bis mindestens 2029 verlängert
- Stärkere Regulierung von Indexmieten (genaue Regelung noch offen)
- Möblierte Wohnungen und Kurzzeitvermietung sollen ebenfalls stärker kontrolliert werden
- Erleichterte Modernisierungsmieterhöhungen bei Maßnahmen bis 20.000 €
- Einrichtung einer Mietrechtskommission zur Weiterentwicklung des Mietrechts
- Keine Verschärfung bei Bestandsmieten
3. Klimaschutz und Sanierung von Gebäuden
Ein zentrales Ziel der Bundesregierung bleibt die Klimaneutralität bis 2045 – damit ist Deutschland ambitionierter als die EU, die dieses Ziel erst bis 2050 anstrebt. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, soll die Sanierung des Gebäudebestands deutlich beschleunigt werden. Allerdings ist dafür ein enormer Investitionsaufwand notwendig, der angesichts der aktuell geringen Sanierungsrate kaum realistisch erscheint.
Ein weiterer Bestandteil der geplanten Neuausrichtung ist die Abschaffung des bestehenden Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Es soll durch ein neues, technologieoffenes und deutlich schlankeres Gesetz ersetzt werden. Die neue Regelung soll sich nicht mehr an festen technischen Vorgaben, sondern an der tatsächlich vermeidbaren CO₂-Menge orientieren. Das gibt Eigentümern mehr Spielraum bei der Wahl geeigneter Maßnahmen – etwa bei der Kombination aus energetischer Sanierung, dem Einsatz erneuerbarer Heizsysteme und der Eigenerzeugung von Energie.
Das neue GEG soll besser mit der kommunalen Wärmeplanung verzahnt werden. Zusätzlich sollen sogenannte Quartiersansätze gestärkt werden – das heißt: Nicht jedes einzelne Gebäude muss die Klimaziele erfüllen, sondern ganze Wohnviertel können gemeinsam betrachtet und geplant werden. So sollen Sanierungen kosteneffizienter und schneller umgesetzt werden.
Ein weiteres Thema ist die Fernwärme. Hier plant die Bundesregierung eine stärkere Regulierung. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen (AVB-Fernwärme-Verordnung und Wärmelieferverordnung) sollen überarbeitet werden. Ziel ist es, Verbraucher besser vor überhöhten Preisen zu schützen. Gleichzeitig sollen bestehende mietrechtliche Hürden abgebaut werden, um den Ausbau von Wärmenetzen zu erleichtern.
Zusammenfassung:
- Klimaneutralität im Gebäudebestand bis 2045 (vor EU-Ziel 2050)
- Neues Gebäudeenergiegesetz (GEG) mit Fokus auf CO₂-Einsparung
- Mehr Flexibilität für Eigentümer bei Sanierung, Heizung und Energieerzeugung
- Quartierslösungen statt Einzelgebäudebetrachtung sollen ermöglicht werden
- Fernwärme wird stärker reguliert, Preisaufsicht und gesetzliche Rahmenbedingungen werden überarbeitet
- Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) bis 2026 mit maximalem Handlungsspielraum
- EU-weite Vereinheitlichung der Energieeffizienzklassen geplant
- Einführung des ETS 2 ab 2027 mit Übergangsphase vom bestehenden CO₂-Preismodell
4. Steuerliche und finanzielle Förderung
Die neue Bundesregierung möchte den Zugang zu Wohneigentum und Investitionen in den Wohnungsbau erleichtern. Dafür sind mehrere steuerliche und finanzielle Maßnahmen geplant.
Im Bereich der staatlichen Förderprogramme soll es künftig nur noch zwei KfW-Programme geben: eines für den Neubau, eines für die Modernisierung. Damit will die Regierung die Förderlandschaft übersichtlicher gestalten. Die Förderung des Heizungstauschs soll grundsätzlich weitergeführt werden, wobei die genaue Ausgestaltung noch offen ist.
Um den zuletzt eingebrochenen Neubau zu fördern, soll der hohe Effizienzhausstandard EH55 im Neubau zeitlich befristet wieder förderfähig werden. Bestehende Bauüberhänge sollen abgebaut und der dringend benötigte Wohnungsneubau unterstützt werden.
Die Kosten für energetische Sanierungen an geerbten Immobilien sollen künftig steuerlich absetzbar sein und private Erben dadurch steuerlich entlastet werden. Hintergrund ist, dass Sanierungspflichten, die über Jahre ausgesetzt waren, nun durch die Erben erfüllt werden müssen.
Beim Thema Grunderwerbsteuer bleiben Entlastungen leider aus. Eine Reform, etwa durch Freibeträge oder eine Länderöffnungsklausel, ist im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen. Auch eine Erhöhung der Freibeträge bei der Erbschaftsteuer, wie sie teilweise in Aussicht gestellt wurde, findet sich nicht im Vertrag wieder.
Positiv bewerten kann man, dass es keine neuen steuerlichen Belastungen gibt: Weder eine Vermögensteuer noch Änderungen bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen nach § 23 EStG sind geplant.
Zusammenfassung:
- Reduzierung der KfW-Programme auf zwei (Neubau & Modernisierung)
- Heizungstausch bleibt grundsätzlich förderfähig
- EH55-Neubauten werden zeitlich befristet wieder gefördert
- Steuerliche Absetzbarkeit von Sanierungskosten bei geerbten Immobilien
- Keine Reform der Grunderwerbsteuer oder Erhöhung der Erbschaftsteuerfreibeträge
- Keine Einführung von Vermögensteuer oder Verschärfung der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen
- Wohnungsbaufonds zur Unterstützung privater Investitionen
- Investitionszuschüsse für genossenschaftliches Wohnen im Rahmen der Wohngemeinnützigkeit
5. Kommunen und Länder
Die Rolle der Städte und Gemeinden im Immobilienmarkt soll gestärkt werden. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass Kommunen mehr Einfluss auf die Bodenpolitik und den Umgang mit bestimmten Immobilien erhalten. So soll das kommunale Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten sowie bei sogenannten Schrottimmobilien ausgeweitet und vereinfacht werden. Künftig könnten Kommunen verstärkt eingreifen, wenn der Zustand oder die Lage von Immobilien dies rechtfertigt.
Außerdem soll verhindert werden, dass Vorkaufsrechte durch Share Deals umgangen werden. Dazu sind gesetzliche Anpassungen geplant, deren genaue Ausgestaltung noch offen ist. Kritisch diskutiert wird der Vorschlag, dass Kommunen Immobilien künftig zu einem festgelegten (oft niedrigeren) Verkehrswert kaufen können sollen – ohne Rücktrittsrecht des Verkäufers. Dies würde die Vertragsfreiheit bei Immobilienverkäufen deutlich einschränken.
In Milieuschutzgebieten sollen Modernisierungen – insbesondere energetische Sanierungen und barrierearme Umbauten – einfacher genehmigt werden. Auch selbstnutzende Eigentümer sollen künftig von bestimmten Einschränkungen ausgenommen werden. Ziel dabei ist es, notwendige Modernisierungen nicht länger unnötig zu blockieren, insbesondere wenn keine Verdrängung von Mietern droht.
Ein weiterer Punkt betrifft das sogenannte Umwandlungsverbot. Die bestehende Regelung, wonach Mietwohnungen nicht ohne Weiteres in Eigentumswohnungen umgewandelt werden dürfen, soll bis 2030 verlängert werden. Damit soll verhindert werden, dass Wohnraum knapp wird, weil Mieter durch spätere Eigenbedarfskündigungen verdrängt werden. Kritiker sehen in dieser Regelung jedoch einen Rückschritt für die Eigentumsbildung.
Zusammenfassung:
- Kommunen erhalten erweitertes Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten und bei Problemimmobilien
- Gesetzliche Maßnahmen zur Verhinderung der Umgehung von Vorkaufsrechten durch Share Deals
- Diskussion über preislimitiertes Vorkaufsrecht ohne Rücktrittsmöglichkeit für Verkäufer
- Erleichterte Genehmigung für energetische und barrierefreie Modernisierungen in Milieuschutzgebieten
- Selbstnutzer sollen von bestimmten Einschränkungen ausgenommen werden
- Umwandlungsverbot für Miet- in Eigentumswohnungen wird bis 2030 verlängert
Fazit: Viele Pläne, aber noch offene Fragen
Der Koalitionsvertrag enthält viele Ideen, die für den Immobilienmarkt wichtig sind. Viele Maßnahmen wurden schon lange gefordert – zum Beispiel schnellerer Wohnungsbau, mehr Hilfe beim Eigentumserwerb oder flexiblere Sanierung.
Doch es gibt auch offene Punkte: Wer bezahlt die ganzen Vorhaben? Wie schnell werden sie umgesetzt? Und wie gut klappt die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Städten?
Klar ist: Es gibt eine klare Richtung. Aber wie gut alles funktioniert, hängt davon ab, wie konsequent und praxisnah die Pläne umgesetzt werden.
Wenn Sie Fragen zu den im Artikel behandelten Themen oder anderen Bereichen des Immobilienmarktes haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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